Das BEM, das sogenannte betriebliche Eingliederungsmanagement, hat im Arbeitsrecht mittlerweile eine erhebliche Bedeutung erlangt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement wird gesetzlich geregelt im Schwerbehindertenrecht des Sozialgesetzbuches. Die Vorschriften des betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sozialgesetzbuch verpflichten den Arbeitgeber, zusammen mit einem Arbeitnehmer, der länger als 6 Wochen erkrankt ist, zu klären, wie eine Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und mit welchen Vorkehrungen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Beteiligten sollen feststellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den Ausfallzeiten gekommen ist und welche Möglichkeiten bestehen, sie zukünftig zu verringern, um eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein Arbeitgeber gehalten, bei längeren Erkrankungen eines jeden Arbeitnehmers, also nicht nur bei Arbeitnehmern, die im Sinne des Gesetzes schwerbehindert sind, ein sogenanntes BEM durchzuführen. Hierzu eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.10.2017, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Der klagende Arbeitnehmer arbeitet in Schichtarbeit bei dem beklagten Arbeitgeber. Seit mehreren Jahren übt der Kläger seine Tätigkeit in Nachtschicht aus. Allerdings fehlt er oft aufgrund von Erkrankungen, zuletzt über einen Zeitraum von 6 Wochen wegen einer Therapiemaßnahme. Nach Rückkehr des Klägers an seinen Arbeitsplatz wird auf Veranlassung des beklagten Arbeitgebers ein sogenanntes Krankenrückkehrgespräch durchgeführt. Wie sich später herausstellte, erfüllte dieses sogenannte Rückkehrgespräch nicht die Anforderung, die nach dem Sozialgesetzbuch und der Rechtsprechung an ein BEM gestellt werden. Jedenfalls ordnet der beklagte Arbeitgeber nach dem Gespräch an, dass der klagende Arbeitnehmer zukünftig nur noch in Früh- oder Spätschicht eingesetzt wird, nicht aber, wie bisher, in der Nachtschicht. Der beklagte Arbeitgeber begründet diese Maßnahme auch damit, dass sich die Umsetzung positiv auf den Gesundheitszustand des klagenden Arbeitnehmers auswirken könne. Der Arbeitnehmer erhebt Klage gegen die Versetzung mit der Begründung, diese entspreche nicht billigem Ermessen, und begehrt die Verurteilung des Arbeitgebers, ihn weiter in der Nachtschicht zu beschäftigen. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage in der ersten Instanz abgewiesen hatte, gab das Landesarbeitsgericht der Klage mit der Begründung statt, die Weisung des Arbeitgebers, dass der klagendende Arbeitnehmer in Früh- oder Spätschicht zu arbeiten habe, knüpfe an gesundheitliche Gründen an, weshalb vor der Anordnung des Arbeitgebers ein sogenanntes BEM hätte durchgeführt werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht entschied, nachdem der beklagte Arbeitgeber Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts eingelegt hatte, dass die Durchführung eines BEM keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Weisungsrechtes des Arbeitgebers ist, selbst wenn dieses Weisungsrecht – auch – auf gesundheitliche Gründe gestützt wird. Wenn allerdings der Arbeitgeber erhebliche Belange des Arbeitnehmers wegen eines fehlenden BEM nicht kenne, bestehe die Gefahr, dass die Maßnahme -im entschiedenen Fall die Anordnung, in Wechselschicht zu arbeiten- eben nicht billigem Ermessen entspreche, weil dadurch, dass der Arbeitgeber bestimmte Interesse des Arbeitnehmers nicht kenne und berücksichtige, die Grenzen des billigem Ermessens überschritten werden.

Festzuhalten ist also, dass die Durchführung eines BEM nach ständiger Rechtsprechung bereits formal keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung oder Weisung des Arbeitgebers ist. Zwar stellt das Bundesarbeitsgericht in der vorliegenden Entscheidung ausdrücklich klar, dass der strenge kündigungsrechtliche Maßstab bei der Frage der Billigkeit einer Weisung nicht heranzuziehen ist. Gleichwohl führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass die Durchführung eines BEM bei der Beurteilung, ob eine Weisung des Arbeitgebers, die im Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers erteilt wird, billigem Ermessen entspricht, eine Rolle spielen kann. Jedem Arbeitgeber kann also mittlerweile nur dringend angeraten werden, nach einer 6-wöchigen Fehlzeit eines Arbeitnehmers sofort ein BEM in die Wege zu leiten.

Wir beraten Sie gerne darüber, wie ein betriebliches Eingliederungsmanagement, also ein sogenanntes BEM, rechtssicher durchgeführt wird.