Der Arbeitnehmer nutzt für eine betriebliche Tätigkeit auf ausdrückliche Weisung des Arbeitgebers sein Privatfahrzeug und wird dabei in einen Unfall verwickelt, bei dem das Privatfahrzeug beschädigt wird. Für den Fall, dass ein Dritter nicht haftet bzw. nicht vollständig haftet, stellt sich die Frage, ob ggf. der Arbeitgeber für den Unfallschaden haftet. Ein Fall, der im Arbeitsalltag durchaus vorkommt, der allerdings in rechtlicher Hinsicht komplizierte Fragen aufwirft und nicht ganz so einfach zu lösen ist. Die hierzu ergangene Rechtsprechung scheint relativ unbeachtet zu sein. Jedenfalls findet man für derartige Fälle in Arbeitsverträgen nur ganz vereinzelt Regelungen.
Das vorstehend aufgeworfene rechtliche Problem soll im Folgenden anhand zweier arbeitsgerichtlicher Entscheidungen aufgezeigt werden.
Einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 28.10.2010 lag ein Fall zugrunde, bei dem der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit die ausdrückliche Anordnung erhielt, Waren an einen Kunden mit dem Privat-Pkw des Arbeitnehmers auszuliefern. Der Arbeitnehmer kam dieser Anweisung nach und fuhr auf dem Weg zu dem Kunden im Stadtverkehr auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug auf, nachdem dieses durch plötzliches Abbremsen zum Stillstand gekommen war. Den Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners regulierte natürlich die Haftpflichtversicherung des Klägers. Der Kläger unterhielt allerdings für sein Privatfahrzeug keine Vollkaskoversicherung. Auch der Arbeitgeber hatte zum Zeitpunkt des Unfalls keine sog. Dienstreisen-Kaskoversicherung abgeschlossen. Da also der Arbeitnehmer weder von dem Dritten noch von einer eigenen Kaskoversicherung die Reparaturkosten beanspruchen konnte, hat er sich hinsichtlich seines Schadens an den Arbeitgeber gewandt. Der Arbeitgeber hat sich geweigert, die Reparaturkosten und weitere Schadenspositionen zu regulieren. Daraufhin hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber geklagt auf Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall, hat aber in drei Instanzen seine Ansprüche nicht durchsetzen können. Das Bundesarbeitsgericht hat in letzter Instanz entschieden, dass dem Arbeitnehmer jedenfalls Ansprüche auf Erstattung von Reparaturkosten und weiteren Schadenspositionen nicht zustehen.
Zunächst hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass grundsätzlich ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber Ersatz für Schäden verlangen kann, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstanden sind. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass es sich hierbei um einen Aufwendungsersatzanspruch handelt. Vorrausetzung für die Ersatzfähigkeit des Schadens ist allerdings nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes, dass dieser nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält. Immerhin hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Verkehrsunfall bei der Auslieferung oder Abholung von Waren für den Arbeitgeber zwar auf der dem Fahrer übertragenen und damit betrieblich veranlassten Tätigkeit beruht, aber nicht zu den üblichen Begleiterscheinungen dieser Tätigkeit gehört und daher von dem Arbeitnehmer nicht hinzunehmen ist. Das Gericht hat betont, dass es sich um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers dann handelt, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeuges der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste. Das Bundesarbeitsgericht hat zudem berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer keine besondere zur Abdeckung des Unfallschadenrisikos bestimmte Vergütung erhalten hat. Dem Arbeitnehmer wurde weder eine Fahrtenpauschale noch eine Wegstreckenentschädigung gezahlt. Demgemäß war der Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers vom Grundsatz auch nicht ausgeschlossen.
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Aufwendungsersatz gegen den Arbeitgeber dann ausscheidet, „wenn der Arbeitnehmer infolge seiner schuldhaften Handlungsweise sein Vorgehen den Umständen nicht für erforderlich halten durfte“. Diese sehr juristisch gehaltene Formulierung bedeutet, dass der Arbeitgeber dann nicht für den Unfallschaden an dem Privatfahrzeug des Arbeitnehmers haftet, wenn der Arbeitnehmer den Verkehrsunfall überwiegend oder allein verursacht und verschuldet hat. Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfang ein Verschulden des Arbeitnehmers an dem Verkehrsunfall seinen Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, hat das Bundesarbeitsgericht die Grundsätze über den sog. innerbetrieblichen Schadensausgleich angewendet. Es handelt sich bei diesem Grundsatz um eine Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers.
Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadenausgleichs -früher verwendete die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang den Begriff der „gefahrgeneigten Arbeit“- besagen, dass bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu verteilen und bei grob fahrlässiger Schadensverursachung der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen ist. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Vorliegenden nach dem Grundsatz „Wer auffährt, hat Schuld“ angenommen. Das Bundesarbeitsgericht hat also hinsichtlich des streitgegenständlichen Verkehrsunfalles grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers angenommen. Dabei ist hervorzuheben, dass das Bundesarbeitsgericht entgegen der sonst geltenden Grundsätze angenommen hat, dass der Arbeitnehmer, der einen Anspruch auf volle Erstattung des erlittenen Unfallschadens geltend gemacht hat, darzulegen und zu beweisen hat, dass er den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht hat.
Sehr interessant und bedeutsam ist ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.10.2014. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Arbeitnehmer war bei dem Arbeitgeber mit der Überwachung städtischer Bauvorhaben betraut. Bei dieser Tätigkeit nutzte der Arbeitnehmer auf Anweisung des Arbeitgebers mit dessen Wissen und Zustimmung sein privates Kraftfahrzeug. Auf das Arbeitsverhältnis fand Anwendung der Bundesangestelltentarifvertrag („öffentlicher Dienst“). Der Arbeitgeber zahlte eine Wegstreckenentschädigung von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer. Der Arbeitnehmer hatte eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 € abgeschlossen. Es gab eine Dienstanweisung des Arbeitgebers zur Nutzung von privaten Fahrzeugen. Ferner gab es eine Regelung, wonach die Wegstreckenentschädigung -0,30 € je gefahrenen Kilometer- die Kosten einer Fahrzeugvollversicherung mit abdecken soll. Bei einem von dem Arbeitgeber veranlassten Einsatz des Privat-Pkw anlässlich einer Baustellenbesichtigung wurde das abgestellte Fahrzeug der Arbeitnehmerin von einem unbekannten Dritten dergestalt beschädigt, dass der Lack zerkratzt wurde. Der Schädiger konnte nicht ermittelt werden. Der Arbeitgeber lehnte eine Übernahme der Reparaturkosten ab, verwies die Klägerin auf die Inanspruchnahme der von ihr abgeschlossenen Vollkaskoversicherung, ersetzte der Arbeitnehmerin allerdings den Rückstufungsschaden für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung sowie den in der Vollkaskoversicherung vereinbarten Selbstbehalt von 300,00 €. Weitere Zahlungen lehnte der Arbeitgeber ab.
Der Arbeitnehmer wiederum weigerte sich, die Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen und forderte die Reparaturkosten in voller Höhe von dem Arbeitgeber.
In seiner Entscheidung hat das LAG Düsseldorf ausgeführt, dass der Arbeitnehmer einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Arbeitgeber hat, gerichtet auf Ersatz von Schäden, die ihm bei der Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Entsprechend der Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts hat auch das LAG angenommen, dass die Kosten für die Reparatur des geschädigten Pkw des Arbeitnehmers im entschiedenen Fall als Aufwendung erstattungsfähig sind. Auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat im entschiedenen Fall also grundsätzlich einen Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bezüglich der entstandenen Schäden angenommen. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ausgeführt, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Schaden zu tragen, dann nicht besteht, wenn der Arbeitnehmer ihn selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im entschiedenen Fall angenommen, dass eine derartige Vereinbarung darin liegen kann, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die dienstlichen Fahrten ein Kilometergeld zahlt. Interessant ist, dass das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ausdrücklich betont hat, dass es den Parteien eines Arbeitsverhältnisses freisteht, zu vereinbaren, dass ein Kilometergeld auch die Aufwendungen für eine Fahrzeugvollversicherung einschließt und der Arbeitnehmer verpflichtet ist, diese bei einem Kaskoschaden in Anspruch zu nehmen. Dieses hat übrigens bereits der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1986 entschieden. Im Ergebnis hat also das Landesarbeitsgericht die Klage zurückgewiesen und hat den Arbeitnehmer auf die Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung verwiesen. Es blieb also dabei, dass der Arbeitgeber lediglich den Höherstufungsschaden aus der Kaskoversicherung sowie die Selbstbeteiligung zu erstatten hatte.
Aus den vorgenannten Urteilen wird man den Schluss ziehen müssen, dass es durchaus sinnvoll ist, wenn die Parteien konkrete Regelungen treffen für den Fall, dass ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Erbringung seiner Arbeitsleistung seinen privaten Pkw zu nutzen hat.