Offensichtlich haben trotz des Versprechens der betroffenen Autohersteller, die mit einer manipulierten Abgassoftware versehenen Pkw entsprechend umzurüsten, Autokäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und ihr Heil in einer Klage gesucht. Das Oberlandesgericht Celle hat jüngst in einem dieser Klageverfahren eine Entscheidung treffen müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Eine Autoverkäuferin begehrte Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen ein Autohaus, bei dem sie einen Pkw erworben hat, der von dem sog. Abgasskandal betroffen ist. In dem betroffenen Fahrzeug ist eine manipulierte Abgassoftware verbaut, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert. Die Kundin hatte den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, ohne das Autohaus zur Nachbesserung aufzufordern, weil die Behebung des Mangels aus ihrer Sicht nicht möglich war. Die Erklärung eines Rücktrittes vom Kaufvertrag durch den Käufer, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, ist nicht unproblematisch. Im Kaufvertragsrecht besteht der Grundsatz, dass dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zu geben ist, Mängel zu beseitigen oder eine mangelfreie Sache zu liefern, bevor weitergehende Rechte gegen den Verkäufer, wie Rücktritt, Schadensersatz oder Minderung, geltend gemacht werden können. Im entschiedenen Fall hat die Käuferin des Pkw argumentiert, eine Nachbesserung sei unmöglich, weil sie negative Auswirkungen auf das Fahrzeug haben werde, nach der Ansicht der Käuferin würde ein wertmindernder Makel verbleiben. Mit der beabsichtigten Klage begehrt die Kundin die Rückabwicklung des Kaufvertrages gegenüber dem Autohaus und Schadensersatz vom Hersteller. Da die Kundin offensichtlich aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, ein derartiges Klageverfahren zu finanzieren, hat sie zunächst in der ersten Instanz bei dem zuständigen Landgericht für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe beantragt. Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist u. a., dass das beabsichtigte Klageverfahren ausreichend Aussicht auf Erfolg hat. Das Gericht, welches über den Prozesskostenhilfeantrag entscheidet, trifft also keine Entscheidung über die beabsichtigte Klage, sondern prüft nur überschlägig, ob die beabsichtigte Klage Erfolg haben könnte. Das Landgericht hatte den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Kundin hatte insoweit Erfolg, als das Oberlandesgericht Celle den ablehnenden Beschluss aufgehoben hat. Das Oberlandesgericht Celle hat darauf hingewiesen, dass Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgassoftware einen Mangel im Sinne des Kaufrechtes aufweisen. Ob allerdings hinsichtlich dieses Mangels eine Nachbesserung unmöglich ist, kann nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern nur im Klageverfahren entschieden werden. Der Abgasskandal werfe, so das Oberlandesgericht Celle, schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt seien. Derartige Fragen müssen einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden. Insbesondere sei im entschiedenen Fall die nur durch einen Sachverständigen zu überprüfende Frage, ob der Mangel an der Abgassoftware beispielsweise mittels eines Software-Updates folgenlos beseitigt werden könne oder ob eine technische und/oder merkantile Wertminderung des Fahrzeugs zurückbleibe. Nachdem also durch das Oberlandesgericht Celle der Kundin Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage bewilligt wurde, kann die Klage nunmehr vor dem zuständigen Amtsgericht verhandelt werden. Dabei können dann die vom Oberlandesgericht Celle aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen geklärt werden.
Auch das Oberlandesgericht Hamm hat kürzlich einer vom Abgasskandal betroffenen VW-Kundin Prozesskostenhilfe bewilligt und eine anderslautende Entscheidung des zuständigen Landgerichtes aufgehoben. Auch das Oberlandesgericht Hamm geht davon aus, dass der Einbau der Manipulationssoftware einen Mangel des Fahrzeuges darstellt. Im vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall hatte die Käuferin von dem Hersteller die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeuges verlangt. Dieses lehnte der Hersteller wiederum ab, er hielt das gekaufte Fahrzeug nicht für mangelhaft und im Übrigen das Nachlieferungsverlangen der Kundin für unverhältnismäßig. Er bot vielmehr an, das gekaufte Fahrzeug nachzuarbeiten, wofür voraussichtlich Kosten von weniger als 100,00 € anfielen würden. Die im Falle der Nachlieferung in Ansatz zu bringenden Kosten von 19.300,00 € seien insoweit unverhältnismäßig. Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass die Frage, ob der Hersteller die von der Kundin gewählte Art der Nacherfüllung aufgrund unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfe, noch geklärt werden müsse, und zwar eben nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern in dem beabsichtigten Klageverfahren. Dabei sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm u.a. zu berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin bislang keine Freigabe des Kraftfahrbundesamtes für die ihr vorgeschlagene technische Umrüstung des betroffenen Fahrzeugmodelles vorliege. Auch insoweit bleibt also nunmehr der Verlauf des von der Kundin angestrengten Klageverfahrens abzuwarten.