Durch ein neues Urteil vom 12.02.2015 (Az. IX ZR 180/12) hat der Bundesgerichtshof das ohnehin für am Wirtschaftsleben teilnehmende Unternehmen nicht mehr kalkulierbare Risiko einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gem. § 133 Abs. 1 InsO weiter deutlich verschärft. Dieser dem Insolvenzverwalter zur Seite gestellten Anfechtungsvorschrift des § 133 InsO, die von vielen Teilen der mittelständischen Wirtschaft als existenzbedrohend bewertet wird, ist durch dieses neue Urteil des Bundesgerichtshofs ein neues wirtschaftliches Risikomoment zur Seite gestellt worden. Denn der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass eine später in Insolvenz geratene Firma im Zeitpunkt der Zahlungen an ihren Lieferanten schon dann einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz hatte, wenn sie auf Grund der ständig verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich herschob und demzufolge ersichtlich am finanziellen Abgrund operierte. Hierbei prüft der Bundesgerichtshof nicht näher, um welches Verhältnis es sich überhaupt hinsichtlich der aufgelaufenen Rückstände zum Umsatz oder den sonstigen Ein- und Auszahlungen bestand. Das bedeutet, dass selbst bei einer im Verhältnis zum Umsatz geringen Verbindlichkeitenquote, die ansteigt, offensichtlich das Ansteigen der Verbindlichkeiten für den Bundesgerichtshof genügt, um einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei der später insolvent gewordenen Firma anzunehmen.

Jetzt muss aber noch der redlich weiterbeliefernde Lieferant von dieser sich „wirtschaftlich verschlechternden Situation“ bei der später insolvent gewordenen Firma Kenntnis gehabt haben. Dieses löst der Bundesgerichtshof einfach und brachial.

Denn dass der Geschäftsführer der später insolventen Firma der Lieferanten gegenüber versichert und plausibel dargestellt hat, durch den Verkauf von Filialen und die Umstellung auf ein Franchisesystem würden die aufgelaufenen Verbindlichkeiten erfüllt werden, ist für den Bundesgerichtshof nicht relevant.

Denn das sei lediglich die Wiedergabe einer entsprechenden Hoffnung, auf die sich ein Lieferant nicht verlassen könne.

Es ist damit für den Bundesgerichtshof vollkommen egal, was dem redlichen Lieferanten von dem später in Insolvenz geratenem Unternehmen nachweisbar mitgeteilt worden ist. Im Ergebnis bedeutet dieses neue Urteil des Bundesgerichtshofs, dass der redliche Lieferant mit detektivischer Sorgfalt die Angaben seines Vertragspartners oder deren Liquiditätslage im Einzelnen überprüfen muss. Der redliche Gläubiger muss daher die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Vertragspartners besser kennen, als dieser selbst. Weiter wird der redliche Lieferant aufgefordert, grundsätzlich den Angaben seines Kunden zu misstrauen.

Nicht einmal die oft in AGB vorkommende Vereinbarung eines sog. verlängert und erweiterten Eigentumsvorbehalts in der Form des Kontokorrentvorbehalts schützt den redlichen Lieferanten. Denn durch Einziehung der zugunsten der redlichen Lieferanten sicherungsabgetretenen Forderungen aus Warenveräußerungen habe die redliche Lieferantin ein mögliches Absonderungsrecht verloren. Dieser Verlust eines Absonderungsrechts wäre nur zu verhindern gewesen, wenn die Abtretung zugunsten des redlichen Lieferanten von diesem offengelegt, dieser die Forderung selbst eingezogen oder eine Anschlusssicherheit vereinbart worden wäre.

Als Fazit kann daher festgehalten werden, dass gerade in insolvenzgefährdeten Branchen viele Lieferanten sich zukünftig darauf einstellen müssen, noch mehr von Insolvenzverwaltern unter Anfechtungsgesichtspunkten auf Zahlungen in beträchtlicher Höhe in Anspruch genommen zu werden.

Die wirtschaftlichen Risiken für den Mittelstand werden noch größer.