Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Ende letzten Jahres hat sich mit der in der Praxis bedeutsamen Frage befasst, ob und unter welchen Umständen Entgeltzahlungen gem. § 134 InsO anfechtbar sind, wenn Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wurden und im Anschluss ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet wird.
In dem entschiedenen Fall (BAG, Urteil vom 17.12.2015, 6 AZR 186/14) war eine Mitarbeiterin von Oktober 2005 bis August 2009 unter Fortzahlung ihrer Bezüge von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt worden. Anschließend wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet.
Besonderheit war hier, dass es sich bei der Mitarbeiterin um die getrennt lebende Ehefrau des Kleinunternehmers handelte, die monatlich 1.100,00 € brutto erhielt.
Nach § 134 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.
Hier stellte sich die Frage, ob die Anfechtbarkeit deshalb ausgeschlossen ist, da der Arbeitgeber seine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Arbeitnehmerin erfüllt hat und es deshalb an einer Unentgeltlichkeit fehlt, an der auch dann die Freistellung nichts ändern würde, da sie den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht berührt. Die Anwälte der getrennt lebenden Ehefrau argumentierten weiter damit, dass Entgeltzahlungen an vertraglich oder einseitig freigestellte Arbeitnehmer keinen geringeren Anfechtungsvoraussetzungen unterliegen dürften als Zahlungen an nicht freigestellte Arbeitnehmer.
Das Bundesarbeitsgericht sah dies anders. Letztinstanzlich verurteilte sie die getrennt lebende Ehefrau zur Zurückzahlung aller Beträge, die sie von Oktober 2005 bis August 2009 in Höhe von insgesamt 29.696,01 € erhalten hatte.
Das BAG folge dem Grundgedanken, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schutzwürdig ist als ein Gläubiger, dessen Forderung ein entgeltliches Geschäft zugrunde liegt. Dabei sei der Begriff der Unentgeltlichkeit weit auszulegen.
In einem Zwei-Personen-Verhältnis wie dem Vorliegenden sei die Leistung dann unentgeltlich, wenn dem Rechtsgeschäft keine Gegenleistung gegenüberstehe. Die Unentgeltlichkeit entfalle nur, wenn der Schuldner etwas erhalte, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder das jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll.
Grundsätzlich aber ist auch nach Ansicht des BAG bei der Erfüllung einer Verbindlichkeit aus einem rechtswirksam begründeten entgeltlichen Vertrag eine grundsätzlich entgeltliche Zahlung, da damit eine Befreiung von der eingegangenen Schuld verbunden ist. Dies auch bei gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Verpflichtungen des Arbeitgebers, die eine Durchbrechung des Grundsatzes „kein Entgelt oder Arbeit“ darstellen können.
Allerdings habe in diesem besonderen Fall das Arbeitsverhältnis vor dem Hintergrund der familiären Entwicklung auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden sollen. Vor diesem Hintergrund habe der Schuldner auf die Erbringung und das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet. Hierin liege der Schenkungscharakter.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Leistung mit Rechtsgrund erfolgt sei.
Das BAG führt allgemein weiter aus, dass bei einer Freistellung von der Arbeitsverpflichtung bei einem Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer aufgrund vorliegenden Arbeitsmangels keine Beschäftigung zuweisen kann, keine unentgeltliche, sondern gerade eine entgeltliche Leistung gegeben sei, die nicht der Anfechtung nach § 134 InsO unterliege, da der Arbeitgeber sich in dieser beschriebenen Situation in Annahmeverzug gemäß § 615 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB befinde.
Auch wenn die Freistellung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs, typischerweise zur Beendigung eines Kündigungsschutzprozesses erfolge, seien die in Erfüllung dieses Vergleichs für die Zeit der Freistellung geleisteten Entgeltzahlungen in der Regel entgeltlich und damit nicht anfechtbar.
Das gilt auch im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung in der Freistellungsphase, da es sich hier ebenfalls um eine entgeltliche Leistung handelt.