Die GmbH präsentiert sich zunehmend rechtssicher. Die Dichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung speziell zum GmbH-Gesetz scheint rückläufig zu sein. Gründe hierfür dürften in der Verlagerung des Kapitalersatzrechts in die Insolvenzordnung, in der Abmilderung der Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage sowie schlicht in dem Umstand zu suchen sein, dass zahlreiche Rechtsfragen mittlerweile „ausjudiziert” sind. Dennoch sei an dieser Stelle ein kurzer Rechtssprechungsüberblick gegeben: Der  BGH hat mit den Entscheidungen zur wirtschaftlichen Neugründung, zum Wirksamkeitszeitpunkt der Einziehung oder zur Begrenzung der Insolvenzverursachungshaftung wesentliche Beiträge geleistet.

1. Entschärfung der wirtschaftlichen Neugründung

Zu einem wahrhaften Aufatmen in der Praxis hat die Begrenzung der Unterbilanzhaftung im Rahmen der wirtschaftlichen Neugründung durch Urteil des BGH vom 6.3.2012 geführt. Eine wirtschaftliche Neugründung liegt vor, wenn eine im Handelsregister bereits eingetragene GmbH als unternehmensloser Rechtsträger besteht, sei es weil sie bewusst „auf Vorrat” gegründet wurde oder als „alter Mantel” unternehmenslos geworden ist, und sodann mit einem Unternehmen ausgestattet wird. Auf die wirtschaftliche Neugründung sind nach ständiger Rechtsprechung die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsführung hat die Tatsache der wirtschaftlichen Neugründung offenzulegen und die in §§ 8 Absatz 2 und 7 Absatz 2 vorgesehenen Versicherungen abzugeben, das Registergericht alsdann entsprechend § 9c GmbHG i. V. m. § 26 FamFG in eine Gründungsprüfung einzutreten. Auf der Haftungsebene wird die Kapitalaufbringung (neben den Tatbeständen der §§ 9 und 9a GmbHG) insbesondere durch eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der Unterbilanzhaftung sichergestellt. Im Mittelpunkt der Entscheidung vom 6.3.2012 stand die Frage, ob es zu einer unbegrenzten Endloshaftung der Gesellschafter kommen kann, wenn die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung unterbleibt. Der BGH lehnte dies ab und beschränkte die Haftung der Gesellschafter auf den Umfang der Unterbilanz, die in dem Zeitpunkt besteht, zu dem die wirtschaftliche Neugründung entweder durch die Anmeldung der Satzungsänderungen oder durch die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit erstmals nach außen in Erscheinung tritt. Bei fehlender Offenlegung tragen die Gesellschafter allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zum Zeitpunkt der Aktivierung der GmbH keine Differenz zwischen (statutarischem) Stammkapital und dem Wert des Gesellschaftsvermögens bestanden hat.

2. Mindesteinzahlung bei Kapitalerhöhung durch Nennwerterhöhung

Das Kapital einer GmbH kann durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile, aber auch durch Erhöhung des Nennbetrags der bestehenden Geschäftsanteile erhöht werden. Eine Nennwerterhöhung kommt wegen des möglichen Rückerwerbs durch den Rechtsvorgänger (§22 Absatz 4 GmbHG) nur für solche Geschäftsanteile in Betracht, die entweder vollständig eingezahlt oder noch in der Hand des ersten Übernehmers bzw. dessen Gesamtrechtsnachfolger sind oder wenn ein Rückgriff auf den Vormann gemäß § 22 Absatz 4 GmbHG ausgeschlossen ist. Bei einer Nennwerterhöhung muss die Mindesteinzahlung von einem Viertel des Erhöhungsbetrags auch dann vor der Anmeldung eingezahlt werden, wenn zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch Einzahlungen auf den bestehenden Geschäftsanteil der nach Aufstockung erhöhte Nennbetrag zu einem Viertel gedeckt ist (§ 56a, § 7 Absatz 2 GmbHG), wie der BGH in einem Beschluss vom 11.6.2013 im Einklang mit der herrschenden Meinung entschieden hat. Der Umfang der Leistungspflicht ist also nicht davon abhängig, ob die Kapitalerhöhung durch die Bildung neuer Geschäftsanteile oder durch die Erhöhung des Nennbetrags der bestehenden Anteile ausgeführt wird. In beiden Fällen muss daher die Kapitalerhöhung zu einer Erweiterung der dem Gläubigerschutz dienenden Haftungsmasse führen. Die Einlage kann nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich erst nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss geleistet werden, mit dem die förmliche Übernahme üblicherweise verbunden ist. Etwas anderes wird nur dann angenommen, wenn der eingezahlte Betrag zu diesem Zeitpunkt als solcher noch zweifelsfrei und nicht nur wertmäßig im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Der BGH bestätigt in diesem Zusammenhang seine Auffassung, wonach gemäß § 57 Absatz 2 GmbHG in der Anmeldung einer Kapitalerhöhung die Versicherung abzugeben ist, dass der Betrag der Einzahlung zur freien Verfügung der Geschäftsführung eingezahlt und auch in der Folge nicht an die Einleger zurückgezahlt worden ist.

3. Insolvenzverursachungshaftung

Nach der durch das MoMiG neu geschaffenen Vorschrift des § 64 Satz 3 GmbHG sind Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten. Der BGH hat mit Urteil vom 9.10.2012 zu einigen Streitfragen der Vorschrift Stellung genommen und geht im Ergebnis nur von einem sehr engen Anwendungsbereich aus. Eine fällige und durchsetzbare Gesellschafterforderung ist demzufolge zunächst bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Satz 3 GmbHG wie im Rahmen des § 17 Absatz 2 Satz 1 InsO zu berücksichtigen. Wenn die Gesellschaft als Folge dieser Betrachtung aber zahlungsunfähig ist, wird nicht erst durch eine Zahlung an die Gesellschaft die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 64 Satz 3 GmbHG verursacht. Der Geschäftsführer ist in einem solchen Fall verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen und haftet für sorgfaltswidrige Zahlungen bereits nach Maßgabe des § 64 S. 1 GmbHG. Ein eigenständiger Anwendungsbereich des § 64 Satz 3 GmbHG besteht neben dem Fall der Vergrößerung einer Deckungslücke von weniger als 10 % durch die Zahlung, insbesondere bei unrechtmäßigen Vermögensverschiebungen. Als Beispiel kommt die Zahlung auf eine nicht im insolvenzrechtlichen Sinne fällige und damit in die Liquiditätsbilanz einzustellende Forderung, wie eine tatsächlich nicht ernsthaft eingeforderte oder einem Rangrücktritt unterliegende Gesellschafterforderung, in Betracht. Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, steht der GmbH nach Ansicht des BGH gegen den Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die Haftung nach § 64 Satz 3 GmbHG wird nach Auffassung des OLG Celle nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gesellschafter den Eintritt der Insolvenz der Gesellschaft nach Vornahme der haftungsauslösenden Leistungen noch 13 Monate lang durch freiwillige Stützungszahlungen hinauszögern.