Mit Urteil vom 15.02.2017 (Aktenzeichen 7 AZR 223/15) hatte sich das BAG mit der Frage zu beschäftigen, ob eine an sich formunwirksame Befristung durch eine nachträglich zustande gekommene Befristungsabrede formwirksam wird.
Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine Lehrkraft in Bayern, deren befristetes Arbeitsverhältnis am 11.09.2012 geendet hatte. Am selben Tag schlossen die Lehrerin und das Land Bayern, vertreten durch die Schulleiterin, eine formularmäßige „gesonderte Vereinbarung“ mit dem folgenden Inhalt: „Im Vorgriff auf ein noch zu begründendes Arbeitsverhältnis wird zwischen dem Freistaat Bayern und … folgendes vereinbart: Im Fall der Begründung eines Arbeitsverhältnisses soll Frau ….im Schuljahr 2012/13 vom 12.09.2012 bis voraussichtlich 30.07.2013 in der staatlichen Realschule C beschäftigt werden. Es wird darauf hingewiesen, dass durch die Unterzeichnung dieser Vereinbarung kein Anspruch auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Freistaat Bayern entsteht. Der Abschluss von Arbeitsverträgen erfolgt gesondert und schriftlich durch die örtlich zuständige Regierung. Eine Berechtigung der Schulleiterin, des Schulleiters oder des fachlichen Leiters des staatlichen Schulamts zum Abschluss eines Arbeitsvertrags besteht nicht.
“In diesem Schreiben hat das BAG ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu den in diesem Schreiben bezeichneten Vertragsbedingungen gesehen. Dem stehe nicht entgegen, dass das Land ein Zustandekommen von der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags abhängig gemacht habe. Dieses könne nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte(§§ 133, 158 BGB) nicht annehmen, dass die Lehrerin ihre Arbeitsleistung zunächst ohne jede vertragliche Grundlage anbieten würde. Es sei daher konkludent ein Antrag auf Abschluss eines Arbeitsvertrages vom Land angenommen worden. Allerdings habe das Land ausdrücklich unter Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gehandelt, weshalb dies dahingehend zu verstehen sei, dass das Land dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen wollte und sein auf den Vertragsschluss gerichtetes schriftliches Angebot nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden könne.
Das BAG hat demnach im Ergebnis bejaht, dass eine Heilung einer an sich zunächst erst einmal formunwirksamen Befristung durch eine nachträgliche formwirksam zustande gekommene Befristungsabrede möglich ist! Dies aber nur dann, wenn der Arbeitgeber durch sein vor der Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages von der Einhaltung des Schriftformgebots abhängig machen will. Dann nämlich liegt in der bloßen Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers regelmäßig nicht die Annahme eines vermeintlichen Vertragsangebots des Arbeitnehmers. Dieser kann das schriftliche Angebot des Arbeitgebers dann noch nach der Arbeitsaufnahme durch die Unterzeichnung der Vertragsurkunde annehmen. Nimmt der Arbeitnehmer in diesem Fall vor der Vertragsunterzeichnung die Arbeit auf, entsteht – ausnahmsweise – zwischen den Parteien lediglich ein faktisches und kein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Der Schriftlichkeitsvorbehalt ist jedoch unbeachtlich, wenn der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer noch kein schriftliches Vertragsangebot unterbreitet hat, ausdrücklich erklärt, der Arbeitsvertrag solle erst mit Unterzeichnung der Vertragsurkunde zustande kommen, er dem Arbeitnehmer jedoch bereits zuvor in Widerspruch zu seiner Erklärung einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und die Arbeitsleistung entgegennimmt. In diesem Fall kommt mit der Arbeitsaufnahme konkludent ein Arbeitsvertrag zustande.
Eine nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB formnichtige Befristungsabrede lässt sich nicht dadurch nachträglich heilen, dass die Parteien das nicht schriftlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer schriftlich niederlegen. Anders verhält es sich allerdings, wenn die Parteien in dem später unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag eine von der formunwirksamen Abrede abweichende und damit eigenständige Befristungsabrede treffen, durch die das zunächst bei Vertragsbeginn unbefristet entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wird.
Die Entscheidung ist zwar nicht widerspruchsfrei, zeigt jedoch eine möglicherweise wichtige Ausnahme von dem Grundsatz auf, dass bei Arbeitsaufnahme vor der Unterzeichnung des eigentlichen Befristungsvertrages besser nicht gearbeitet werden soll, um das Zustandekommen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu vermeiden.
Dennoch – oder gerade – wegen der vorliegenden Entscheidung ist davor zu warnen, dass Arbeitnehmer, mit denen ein befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen werden soll, bereits vor der wirksamen Vertragsunterzeichnung arbeiten zu lassen.
Autor:
Matthias Lehmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht