Eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten kann dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit sich in einem signifikanten Umfang mit der Kommunikation über soziale Netzwerke beschäftigt statt seine Arbeitsleistung zu erbringen. Zum anderen kann eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung aber auch vorliegen, wenn Arbeitnehmer während der Arbeitszeit oder in ihrer Freizeit über den Arbeitgeber Äußerungen tätigen, die geeignet sind, das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu zerstören.
Wann dies der Fall ist, kann nicht ohne weiteres festgestellt werden. Neben einer den rechtlichen Regeln entsprechenden Sachverhaltsaufklärung bedarf es insbesondere der Abwägung der gegenseitigen Interessen und bei der Auswahl der Maßnahmen der Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips.
Vor allem das Posten von den Arbeitgeber verunglimpfenden Äußerungen ist hierbei ein häufiges Problem.
Zu unterscheiden ist hierbei die Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber auf der einen Seite und das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG auf der anderen Seite.
Die Grundrechte, also auch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, entfalten im Privatrecht mittelbar Wirkung und somit auch im Rahmen arbeitsrechtlicher Vertragsbeziehungen. Ihre Schranke findet die Meinungsfreiheit nur in allgemeinen Gesetzen und der Rechtsprechung des BAG und der damit einhergehenden Treue- und Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers.
Nahezu alle Postings in sozialen Netzwerken stellen eine Meinungsäußerung dar. Hierbei muss aber bereits unterschieden werden zwischen einer nonverbalen Äußerung, etwa der bloßen Bestätigung eines „Like-Buttons“, und eines proaktiv geschriebenen Kommentars.
Auch der Adressatenkreis und der Grad der Vertraulichkeit spielt für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Äußerung eine entscheidende Rolle. Erfolgt eine Äußerung etwa nur im vertraulichen Gespräch zwischen Arbeitskollegen unterfällt sie von vornherein dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Eine Äußerung wird jedoch umso eher unzulässig, je weniger der Arbeitnehmer den Adressatenkreis seiner Aussage begrenzt hat. Auch die Wahl des sozialen Netzwerkes kann eine zunächst noch vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckte Meinungsäußerung zu einer Arbeitsvertragspflichtverletzung werden lassen. Äußerungen auf beruflichen Netzwerken wie XING oder LinkedIn z. B. haben eindeutig ein höheres Schadenspotenzial als Äußerungen bei Netzwerken wie Facebook oder Instagram.
Problematisch sind auch die Grenzen zulässiger Ermittlungsmaßnahmen.
Arbeitgeber dürfen in sozialen Netzwerken nur in sehr begrenztem Umfang Ermittlungen anstellen. Pflichtverletzungen im Bereich der Social Media werden oft in der Freizeit und privaten Accounts in sozialen Netzwerken begangen, auf die der Arbeitgeber zunächst keinen Zugriff hat.
Bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen ist eine Verwendung von Ermittlungsergebnissen für arbeitsrechtliche Maßnahmen nicht ohne weiteres möglich. Recherchen des Arbeitgebers in sozialen Netzwerken sind nur dann angemessen, wenn die Informationen und Äußerungen öffentlich sind und der Arbeitgeber die Ermittlungen unter Offenbarung seiner wahren Identität durchführt. Ermittlungen des Arbeitgebers unter Verwendung eines fremden oder in Wirklichkeit nicht existierenden Profils sind rechtswidrig.
Soweit ein Pflichtverstoß ermittelt wurde, stehen dem Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen zur Seite.
Die Frage, ob das Verhalten im Einzelfall eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt stellt sich regelmäßig im Rahmen der Interessenabwägung und Zumutbarkeitsprüfung. Bei Äußerungen im Bereich sozialer Netzwerke sind die nachfolgenden Aspekte besonders zu berücksichtigen:
Die Reichweite der Äußerung. Richtet sich eine Äußerung nur an einen begrenzten Empfängerkreis kann diese unbedenklich sein.
Auch die betriebliche Stellung des Arbeitnehmers spielt eine Rolle. Die Vorbildfunktion einer Führungskraft für Dritte ist maßgeblich in die Abwägung einzubeziehen. Je höher die betriebliche Stellung des Arbeitnehmers ist, desto mehr Zurückhaltung und Mäßigung kann der Arbeitgeber bei außerdienstlichen Äußerungen verlangen.
Bei den Reaktionsmöglichkeiten sind auch die sonstigen für eine Interessenabwägung erforderlichen Punkte zu beachten, z. B. die Frage, ob der Arbeitnehmer bereits vorher abgemahnt wurde, seine Einsichtsfähigkeit, ggf. die persönlichen Sozialdaten sowie auch die tatsächlich durch die Äußerungen des Arbeitnehmers eingetretenen betrieblichen Störungen.
Eine fristlose Kündigung ist immer die Ultima Ratio der Reaktionsmöglichkeiten und es dürfte in den meisten Fällen zunächst eine Abmahnung erforderlich sein.
Bei Rückfragen sowie bei bedarf tiefergehender Einzelheiten im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen auf Grund schädlicher Äußerungen über Social Media Netzwerke oder auch übermäßiger Nutzung sozialer Medien während der Arbeitszeit sprechen Sie uns gern an.