Bei vielen Schuldnern herrscht der Irrglaube, dass man während eines Insolvenzverfahrens keine neuen Schulden machen dürfe, ansonsten würde die Restschuldbefreiung versagt. Dies stimmt nicht! Allerdings erscheint es sicher nicht ratsam, im Insolvenzverfahren, welches gerade dazu dient, die Schulden abzubauen, gleich neue wiederaufzubauen.
Im Folgenden möchte ich die Gründe, welche eine Erteilung der Restschuldbefreiung gefährden können, aufzählen und kurz erläutern. Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen dem Schuldner, der sich im Insolvenzverfahren befindet, und dem Schuldner, der es bereits in die sogenannte "Wohlverhaltensphase" geschafft hat. In diesem Beitrag sollen die Versagungsgründe des eröffneten Verfahrens behandelt werden.
1. § 290 Abs. 1 InsO
Der Schuldner, der sich im gerichtlichen Verfahrensabschnitt seines Insolvenzverfahrens befindet, hat bei weitem mehr Pflichten und Risiken als derjenige, der sich schon in der sogenannten Wohlverhaltensphase befindet. § 290 InsO regelt abschließend die Versagungsgründe für das eröffnete Insolvenzverfahren. Die beiden häufigsten Versagungsgründe sind:
a) § 290 Abs. 1 Ziffer 5 InsO
Der Schuldner muss vor allem im Insolvenzverfahren dadurch mitwirken, dass er dem Insolvenzverwalter/Treuhänder oder dem Gericht Auskünfte erteilt, sowohl auf Anforderung als auch freiwillig. Dabei ist er nur seinem Insolvenzverwalter/Treuhänder und dem Insolvenzgericht gegenüber auskunftsverpflichtet, keinem Gläubiger. Gemeint sind solche für das Insolvenzverfahren relevanten Umstände wie Wohnsitzwechsel, Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, Wechsel des Arbeitsplatzes, Eintritt der Arbeitslosigkeit, überhaupt Änderungen der Einkommenssituation, Hinzukommen von unterhaltsberechtigten Personen, Wegfall von unterhaltsberechtigten Personen, Anfall einer Erbschaft, eines Lottogewinns, sonstiger größerer Schenkungen etc. Erteilt er diese Auskünfte auch auf ausdrückliche, mehrfache Aufforderung nebst Belehrung durch den Insolvenzverwalter/Treuhänder und durch das Gericht nicht, ist der Versagungstatbestand bereits verwirklicht.
b) § 290 Abs. 1 Ziff. 6 InsO
Ebenso fatal ist es, wenn im Nachhinein herauskommt, dass im Insolvenzantrag, also in den umfangreichen Antragsformularen, welche bei Gericht eingereicht werden müssen, Unvollständigkeiten und Ungenauigkeiten vorhanden sind. Dies gilt auch dafür, dass man Gläubiger vergisst, die man nicht hätte vergessen können/dürfen, weil diese Gläubiger bereits in der Vergangenheit gegen einen vollstreckt hatten und man bei vollem Anstrengen seines Gewissens ehrlicherweise nicht davon ausgehen konnte, dass die Forderung vom Gläubiger nicht mehr geltend gemacht würde.
c) § 290 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 InsO
Nicht so häufig sind die Fälle des § 290 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 unter den erfolgreichen Versagungsanträgen anzutreffen.
Erstaunlicherweise bedient sich kaum ein Gläubiger des Versagungsgrundes des § 290 Abs. 1 Ziffer 4 InsO, der besagt, dass es schon schadet, wenn jemand im letzten Jahr vor Antragstellung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinauszögert, obwohl er eigentlich keine Aussicht auf eine Besserung seiner finanziellen Lage hat. Dies trifft eigentlich auf die überwiegende Zahl der im Insolvenzverfahren befindlichen Schuldner zu, denn die Gründe, weshalb ein Insolvenzantrag sich hinauszögert, sind vielfältig. Noch schädlicher ist die Verschwendung von Vermögen oder das Verursachen von unangemessenen Verbindlichkeiten (alles dehnbare Begriffe). Durch das Hinauszögern etc. muss außerdem die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigt worden sein.
Auch kann einem die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn in den letzten zehn Jahren bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt oder diese versagt wurde. Der Gesetzgeber will mit dieser Regelung verhindern, dass jemand quasi "am laufenden Band" sich von einem Insolvenzverfahren zum nächsten hangelt. Dass dies in der Praxis sowieso kaum vorkommt, liegt auf der Hand.
Schließlich sind es Versagungsgründe, wenn man wegen Bankrotts, Begünstigung oder Verletzung der Buchhaltungspflicht (§ 283 bis § 283 c Strafgesetzbuch) verurteilt wurde oder sich einen Kredit/sonstige öffentliche Leistungen erschlichen hat.
2. § 290 Abs. 2 InsO
Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung kann nur von einem Gläubiger gestellt werden, und der Gläubiger muss seinen Antrag und das Vorliegen des Versagungsgrundes glaubhaft machen, d. h. durch Fakten belegen.
3. Wie oben ausgeführt, sind die ersten beiden Versagungsgründe (mangelnde Mitwirkung/Auskunftserteilung oder unvollständige/unrichtige Angaben im Insolvenzantrag) am häufigsten in der Praxis anzutreffen, da sie meist ohne große Schwierigkeiten nachweisbar sind. Aber bei allen Versagungsgründen gilt es immer genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen denn auch tatsächlich gegeben sind.
Naturgemäß können im Rahmen dieser Beiträge die Themen nur oberflächlich behandelt werden. Für vertiefende Auskünfte stehen die auf Insolvenzrecht spezialisierten Fachanwälte der Kanzlei Handschuh + Lehmann an den Standorten Bückeburg und Minden nach Terminabsprache zur Verfügung.
Die in Minden ansässige Autorin ist Fachanwältin für Insolvenzrecht und wird als Insolvenzverwalterin und Treuhänderin von den Amtsgerichten Bückeburg, Bielefeld, Hannover und Hameln bestellt. Weiterer Tätigkeitsschwerpunkt ist die Insolvenzberatung von Privatpersonen und Unternehmen und die Sanierungsberatung.