Der Skandal um die Manipulation der Abgaswerte durch den VW-Konzern ist in aller Munde. Es fällt allerdings auf, dass in den Medien nur sehr wenig fundierte Informationen über die Rechte der betroffenen Autokäufer erteilt werden. Nachfolgend soll versucht werden, die privatrechtlichen, also die vertraglichen Ansprüche, der betroffenen Autokäufer aufzuzeigen.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die gesetzliche Regelung dahingehend, dass einem Käufer gegen den Verkäufer sogenannte Sachmangelhaftungsansprüche zustehen, wenn die Kaufsache einen Mangel aufweist. Im konkreten Fall kommen als Mängel in Betracht einerseits erhöhte Abgaswerte, andererseits, wahrscheinlich nach einer Nachbesserung der betroffenen Pkw durch den VW-Konzern, ein erhöhter Benzinverbrauch oder eine geringere Motorleistung, als angegeben. Geht man davon aus, dass also die betroffenen Pkw hinsichtlich der erhöhten Abgaswerte einen Mangel aufweisen, gibt das Gesetz dem Käufer die sogenannten Sachmangelansprüche: Der Käufer hat zunächst das Recht, von dem Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen. Er hat die Wahl, den Verkäufer aufzufordern, entweder die Sache zu reparieren oder eine neue Sache gleicher Art und Güte zu liefern. Letzteres wird als Nachlieferung bezeichnet. Der Verkäufer kann allerdings darauf pochen, dass die Nachlieferung unzumutbar, weil unverhältnismäßig ist und darauf pochen, nur eine Reparatur durchzuführen. Die Frage der Reparatur dürfte im Falle VW wohl im Mittelpunkt stehen. Wenn der Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist nicht eine Nacherfüllung durchführt, kann der Käufer die sogenannten Sekundärrechte geltend machen: Er kann den Kaufvertrag über das Auto rückabwickeln, also den Kaufpreis zurückfordern, muss dabei allerdings Wertersatz für die gefahrenen Kilometer leisten. Außerdem ist Voraussetzung für einen Rücktritt, dass der Mangel erheblich ist. Bei der Frage der Erheblichkeit eines Mangels werden die Kosten, die für eine Beseitigung des Mangels in Ansatz zu bringen sind, ins Verhältnis gesetzt mit dem Kaufpreis. Wenn die Relation zwischen Mängelbeseitigungskosten und Höhe des Kaufpreises unverhältnismäßig ist, ist ein Rücktritt nicht zulässig. Alternativ kann der Käufer mindern, also den Pkw behalten, allerdings einen Teil des Kaufpreises zurück verlangen. Schließlich kann der Käufer Schadensersatz fordern, aber nur dann, wenn ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Zudem müsste dem Verkäufer der Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens gemacht werden können. Dieser Aspekt leitet über zur Frage, gegen wen der Käufer die Sachmangelhaftungsansprüche geltend machen kann. Für diese Frage ist bedeutsam die Unterscheidung zwischen Verkäufer und Hersteller. In der Regel kauft der Kunde den Pkw nicht bei dem Hersteller, also bei dem VW-Konzern, sondern bei einem Händler. Der Kaufvertrag wird also allein geschlossen zwischen dem Kunden und dem Autohändler. Ein Kaufvertrag kommt also zwischen dem VW-Konzern und dem Kunden nicht zustande. Ansprechpartner für eine Reparatur ist also allein der Verkäufer, in der Regel der Autohändler. Problematisch ist insoweit allerdings, dass die Sachmangelhaftungsansprüche einer Verjährung unterliegen, die höchstens 2 Jahre, gerechnet ab Übergabe des Fahrzeuges an den Käufer, beträgt. Diese Verjährungsfrist kann durch Vereinbarung bei dem Ankauf eines gebrauchten Fahrzeuges von dem Autohändler auf 1 Jahr verkürzt werden. Eine längere Verjährungsfrist gibt es nur dann, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass der Autohändler um die Manipulationen beim Hersteller gewusst hat. Geht man davon aus, dass die Manipulation bei dem VW-Konzern, also dem Hersteller stattgefunden hat, stellt sich die Frage, ob sich das Autohaus oder der Vertragshändler die Täuschung des VW-Konzerns zurechnen lassen muss. Dieses ist bisher ungeklärt.
Erwähnenswert ist, dass Ansprüche direkt gegen den VW-Konzern bestehen könnten, wenn eine Herstellergarantie von dem VW-Konzern gewährt wurde. Wichtig ist, diese Garantie nicht mit der Sachmangelhaftung („Gewährleistung“) zu verwechseln, was leider ganz häufig geschieht. Bei einer Herstellergarantie tritt der Hersteller darin freiwillig dafür ein, dass das Fahrzeug während der Garantiefrist keine Beanstandungen aufweist. Wann der Hersteller haftet, ergibt sich dann aus den jeweiligen Vereinbarungen in der Garantie. Die dortigen Vereinbarungen sind allerdings in der Regel deutlich zu unterscheiden von den gesetzlichen Rechten aus der Sachmangelhaftung.
Denkbar ist auch, die Ansprüche gegenüber dem Hersteller selbst durchzusetzen, wenn dieser eine „vorsätzliche, sittenwidrige Täuschung“ verübt hat. Die rechtlichen Hürden für die Durchsetzung eines derartigen Anspruches sind allerdings sehr hoch.
In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen die ergangene Rechtsprechung zu einem Komplex, der durchaus mit dem Problem der Nichteinhaltung der Abgasnormen vergleichbar ist, und zwar dem Problem, dass der tatsächliche Benzinverbrauch nicht übereinstimmt mit den Angaben des Herstellers bzw. mit den Durchschnittswerten. Jedenfalls nimmt die Rechtsprechung Abweichungen von den Durchschnittswerten von weniger als 10 % als unerheblich an.
Es bleibt abzuwarten, ob es überhaupt zu Klageverfahren kommen wird, zumal der VW-Konzern angekündigt hat, sämtliche Fahrzeuge nachzubessern. Ob sich durch die Nachbesserung dann ggf. „neue“ Mängel bilden, muss abgewartet werden.