Eine Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb hatte geklagt, da sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen auf derselben Position und mit gleicher Qualifikation weniger verdiente. Sie forderte die Zahlung der Differenzbeträge sowie einer Entschädigung. Unstreitig war dabei, dass die Klägerin weniger verdiente als ihre männlichen Kollegen auf vergleichbarer Position. Dreh- und Angelpunkt des vom Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Falls war, ob die Ungleichbehandlung auf objektive Kriterien und nicht auf das Geschlecht der Klägerin zurückzuführen sei.

Die Vorinstanzen (Arbeitsgericht Dresden und das Landesarbeitsgericht Sachsen) lehnten die Klage ab, da der gleichzeitig mit der Klägerin eingestellte Kollege lediglich zu einem höheren Gehalt bereit gewesen sei, die Arbeit zu verrichten. Das Interesse des Unternehmens an der Mitarbeitergewinnung wurde als objektives Kriterium angesehen, welches die Gehaltsunterschiede rechtfertige. Das Bundesarbeitsgericht widersprach dieser Ansicht und stellte klar, dass allein das Verhandlungsgeschick der Beschäftigten keine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung rechtfertigte.

Im Rechtsstreit um gleiches Entgelt für gleiche Arbeit muss der benachteiligte Beschäftigte darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber ihm ein niedrigeres Entgelt zahlt als vergleichbaren Beschäftigten des anderen Geschlechts. Zudem muss er aufzeigen, die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit zu verrichten, so dass eine Benachteiligung nur mit dem unterschiedlichen Geschlecht zu erklären ist. Wenn der Arbeitnehmer dies im Einzelfall getan hat, greift die Beweislastumkehr gemäß § 22 AGG: Dann obliegt es dem Arbeitgeber zu beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorliegt.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21) genügt nun allein der Umstand, dass der Arbeitgeber Beschäftigte verschiedenen Geschlechts mit vergleichbarer Tätigkeit unterschiedlich bezahlt, um die Vermutung einer unmittelbaren Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts zugunsten des Arbeitnehmers zu begründen.

Im vorliegenden Fall oblag es daher dem Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt, sondern ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. Dies ist dem beklagten Arbeitgeber nicht gelungen. Weder ein erzieltes besseres Verhandlungsergebnis des männlichen Arbeitnehmers noch das Interesse des Arbeitgebers an der Gewinnung des Arbeitnehmers genügen laut Bundesarbeitsgericht, um die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts zu widerlegen.

Erfolgsaussichten hätten für den Arbeitgeber allenfalls dann bestanden, wenn die unterschiedliche Behandlung beispielsweise auf eine längere Betriebszugehörigkeit oder besondere Qualifikation, also eindeutig objektive und von dem Geschlecht unabhängige Kriterien, hätte gestützt werden können.

Die in der Kanzlei Handschuh + Lehmann tätigen Fachanwälte für Arbeitsrecht können hierzu rechtssicher beraten.

Autor:
Christopher Hohensee
Rechtsanwalt