Was versteht man unter Arbeitszeitbetrug und welche rechtlichen Folgen können hieraus entstehen?

Unter Arbeitszeitbetrug ist jede vorsätzliche Täuschung über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit zu verstehen. Am häufigsten betrifft dies die fehlerhafte Dokumentation von Arbeits- und Pausenzeiten. Allerdings können auch zahlreiche im Alltag verbreitete Verhaltensweisen streng genommen einen Arbeitszeitbetrug darstellen.
Kurze Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, eine Raucherpause, das Verfassen einer privaten Nachricht oder der Gang zur Kaffeemaschine gehören für viele Beschäftigte selbstverständlich zum Arbeitsalltag. Im Homeoffice treten weitere Situationen hinzu, etwa die Betreuung von Handwerkern, das Anstellen der Waschmaschine oder die Annahme einer Lieferung. Erfolgt in diesen Fällen keine entsprechende Zeiterfassung (z. B. durch „Ausstempeln“), erhält der Arbeitnehmer für diese Zeit unberechtigt Arbeitsentgelt.
Arbeitnehmer, die gegen ihre Dokumentationspflichten verstoßen, setzen im schlimmsten Fall ihren Arbeitsplatz aufs Spiel. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung erkennt in der Täuschung über die Arbeitszeit regelmäßig einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein strafrechtlich relevanter Betrug vorliegt. Entscheidend ist vielmehr der mit dem Fehlverhalten verbundene schwerwiegende Vertrauensbruch.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mehrfach betont, dass Arbeitszeitbetrug das für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen dauerhaft zerstören kann. Je nach Schwere des Verstoßes ist eine fristlose Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung oder trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit möglich. Bei geringeren Pflichtverletzungen kommen jedoch zunächst mildere Maßnahmen wie eine Abmahnung oder eine Rückforderung zu Unrecht gezahlten Lohns in Betracht.

Ob Arbeitszeitunterbrechungen zu erfassen sind, hängt neben den betrieblichen Vorgaben insbesondere von Dauer und Häufigkeit der Unterbrechungen ab. Sozialadäquat und daher nicht dokumentationspflichtig sind kurze Unterbrechungen, wie etwa der Gang zur Toilette oder zur Kaffeemaschine. Demgegenüber sind Raucherpausen oder längere Gespräche regelmäßig als Pausenzeit auszuweisen – auch wenn sie im Betrieb häufig geduldet werden.
Private Tätigkeiten während der Arbeitszeit – sei es im Homeoffice oder am Arbeitsplatz – wie das Zubereiten von Mahlzeiten, die Paketannahme, das Wäschewaschen, private Nachrichten oder nicht arbeitsbezogenes Surfen im Internet dürfen keinesfalls als Arbeitszeit erfasst werden. Gleiches gilt für private Besorgungen oder Besuche während Dienstgängen.

Es existieren keine starren zeitlichen Grenzen, ab wann Arbeitszeitbetrug eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Maßgeblich ist stets die Würdigung des konkreten Einzelfalls. So beurteilte das BAG bereits das Surfen im Internet über rund zehn Prozent der Arbeitszeit als ausreichenden Grund für eine fristlose Kündigung. Ebenso wurde eine Kündigung als gerechtfertigt angesehen, nachdem eine Arbeitnehmerin lediglich zehn Minuten in einem Café verbracht und diesen Umstand verschleiert hatte. In beiden Fällen sah das Gericht das Vertrauensverhältnis als irreparabel zerstört an.

Fazit
Die falsche Dokumentation von Arbeitszeiten stellt einen erheblichen Pflichtverstoß dar, der im Extremfall die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Gleichwohl gelten hohe Anforderungen an eine solche Kündigung; in der Regel ist zuvor eine Abmahnung erforderlich. Sind Sie als Arbeitgeber mit einem vermuteten Arbeitszeitbetrug konfrontiert oder sehen Sie sich als Arbeitnehmer mit einer (unberechtigten) Kündigung konfrontiert?
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Autor:
Christopher Hohensee
Rechtsanwalt